Umlage U1 und U2: Wie Arbeitgeber Lohnfortzahlungskosten effizient managen können

Von
Julia Scherf
15.11.2024
6
min
Blogbeitrag teilen:

Umlage U1 und U2: Wie Arbeitgeber Lohnfortzahlungskosten effizient managen können

In der heutigen Arbeitswelt kommt es immer wieder vor, dass Mitarbeiter krankheitsbedingt ausfallen oder in den Mutterschutz gehen. Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) kann dies eine enorme finanzielle Belastung darstellen, da sie weiterhin Lohnkosten tragen müssen, obwohl die Arbeitsleistung ausbleibt. Um Arbeitgeber in solchen Situationen zu entlasten und eine gerechte Verteilung der Kosten zu gewährleisten, gibt es in Deutschland die Umlageverfahren U1 und U2. Diese Verfahren bieten Arbeitgebern eine finanzielle Absicherung und ermöglichen es, Lohnfortzahlungen im Krankheits- oder Mutterschaftsfall erstattet zu bekommen.

In diesem ausführlichen Artikel erläutern wir, wie die Umlageverfahren funktionieren, welche Vorteile sie bieten und wie Unternehmen diese sinnvoll nutzen können, um ihre Kosten zu optimieren.

1. Umlage U1 – Entlastung bei Krankheitsbedingtem Arbeitsausfall

Das Umlageverfahren U1 ist besonders für kleine Unternehmen mit bis zu 30 Mitarbeitern von Bedeutung. Es dient als Entgeltfortzahlungsversicherung und schützt Arbeitgeber vor den finanziellen Folgen, wenn ein Mitarbeiter längerfristig krankheitsbedingt ausfällt. Unternehmen mit weniger als 30 Beschäftigten sind verpflichtet, an diesem Verfahren teilzunehmen, während größere Unternehmen nicht davon betroffen sind.

Funktionsweise der Umlage U1

Das Prinzip der Umlage U1 funktioniert nach dem Solidarprinzip. Arbeitgeber zahlen monatlich Beiträge in die Umlage U1 bei der Krankenkasse ein, die auf dem Bruttogehalt der jeweiligen Arbeitnehmer basieren. Wenn ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt sechs Wochen ausfällt, erstattet die Krankenkasse innerhalb dieser Zeit einen Teil der fortgezahlten Lohnkosten an den Arbeitgeber. Die Höhe der Erstattung hängt von dem zwischen Krankenkasse und Arbeitgeber vereinbarten Erstattungssatz ab.

Die Erstattungssätze variieren dabei je nach Krankenkasse und betragen in der Regel zwischen 40 % und 80 % der fortgezahlten Lohnkosten. Arbeitgeber haben in der Regel die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Erstattungssätzen zu wählen. Dieser kann einmal im Jahr geändert werden. Je höher der gewählte Erstattungssatz, desto höher sind jedoch auch die monatlichen Beiträge zur Umlage U1. Dies bedeutet, dass Unternehmen die Höhe der monatlichen Belastung bis zu einem gewissen Grad steuern können, je nachdem, wie hoch das Risiko von Krankheitsausfällen eingeschätzt wird.

Beispielrechnung:

Nehmen wir an, ein Unternehmen mit zehn Mitarbeitern hat einen Mitarbeiter, der für fünf Arbeitstage krankheitsbedingt ausfällt. Das Bruttogehalt des Mitarbeiters beträgt 7.700 Euro pro Monat. Die Krankenkasse bietet eine Erstattung von 70 % der Lohnfortzahlung an. Gleichzeitig liegt die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung für 2021 bei 7.100 Euro.

Berechnung:

  1. Das fortgezahlte Arbeitsentgelt für die fünf Krankheitstage beträgt:
  2. 7.700 Euro÷22 Arbeitstage×5=1.750 Euro
  3. Der erstattungsfähige Betrag basiert auf der Beitragsbemessungsgrenze:
  4. 1.750 Euro×7.1007.700=1.613,64 Euro1.750
  5. Bei einem Erstattungssatz von 70 % ergibt sich folgender Rückerstattungsbetrag:
  6. 1.613,64 Euro×0,7=1.129,55 Euro

Das Unternehmen erhält also eine Erstattung von 1.129,55 Euro für diesen Krankheitsfall. Dies zeigt, wie Unternehmen durch die Umlage U1 einen erheblichen Teil der Lohnfortzahlungskosten kompensieren und so ihre finanzielle Belastung reduzieren können. Entgegen der allgemeinen Vorstellung gilt diese Kompensierung nicht erst ab dem Tag der ersten AU, sondern bereits ab dem 1. Krankheitstag (auch ohne AU!).

Einfluss auf die betriebliche Planung

Die Umlage U1 bietet Unternehmen eine wichtige finanzielle Entlastung, insbesondere in Branchen mit hohen Krankheitsausfällen oder saisonalen Belastungsspitzen. Unternehmen, die oft mit längeren Krankheitsfällen ihrer Mitarbeiter konfrontiert sind, können durch einen höheren Erstattungssatz der Umlage U1 ihre Liquidität besser schützen und ihre Betriebskosten stabil halten.

Für Unternehmen bedeutet dies allerdings auch, dass sie bei der Wahl des Erstattungssatzes strategisch vorgehen müssen. Während ein niedriger Erstattungssatz zu geringeren monatlichen Beiträgen führt, kann ein höherer Erstattungssatz im Krankheitsfall deutliche Ersparnisse bedeuten. Unternehmen sollten daher eine fundierte Kosten-Nutzen-Analyse vornehmen und dabei sowohl ihre Personalstruktur als auch die zu erwartende Krankheitsquote berücksichtigen. Hierbei ist aber auch zu beachten, dass diese Einstellungen immer nur pro Krankenkasse und nicht pro Mitarbeiter gemacht werden können. Wenn mehrere Mitarbeiter bei einer Krankenkasse Mitglied sind, muss man in eine Mischkalkulation reingehen.

2. Umlage U2 – Absicherung bei Mutterschaftskosten

Während die Umlage U1 nur für kleine Unternehmen gilt, betrifft die Umlage U2 alle Arbeitgeber unabhängig von der Unternehmensgröße. Die Umlage U2 erstattet die Kosten, die Arbeitgeber für den Mutterschutz ihrer Mitarbeiterinnen tragen müssen. Dies umfasst sowohl das Elterngeld als auch den Mutterschutzlohn, den Arbeitgeber während der Schutzfristen vor und nach der Geburt zahlen.

Funktionsweise der Umlage U2

Alle Arbeitgeber zahlen regelmäßig Beiträge zur Umlage U2 an die Krankenkasse, die ebenfalls auf dem Bruttogehalt der Arbeitnehmer basieren. Der große Vorteil der Umlage U2 ist, dass die Krankenkassen die Kosten für den Mutterschutz in der Regel zu 100 % erstatten. Dies bedeutet, dass Unternehmen im Falle einer Schwangerschaft ihrer Mitarbeiterinnen finanziell vollständig abgesichert sind und keine zusätzlichen Belastungen zu tragen haben.

Durch die Umlage U2 wird verhindert, dass Unternehmen finanziell durch Mutterschaftszeiten benachteiligt werden und fördert gleichzeitig  die Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt.

Beispiel:

Eine Mitarbeiterin mit einem monatlichen Bruttogehalt von 4.000 Euro geht für sechs Wochen in den Mutterschutz. Während dieser Zeit zahlt der Arbeitgeber das Mutterschaftsgeld und den Mutterschutzlohn. Durch die Umlage U2 erhält das Unternehmen die gesamten 4.000 Euro von der Krankenkasse zurück, sodass dem Arbeitgeber keine zusätzlichen Kosten entstehen.

Vorteile für Arbeitgeber und Mitarbeiterinnen

Die Umlage U2 entlastet Unternehmen nicht nur finanziell, sondern trägt auch dazu bei, dass Arbeitgeber flexibler auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiterinnen eingehen können. Dadurch, dass die anfallenden Mutterschaftskosten vollständig erstattet werden, wird ein Umfeld geschaffen, in dem Frauen ohne finanzielle Nachteile für das Unternehmen in den Mutterschutz gehen können. Dies fördert nicht nur die Mitarbeiterzufriedenheit, sondern trägt auch zur langfristigen Bindung von Fachkräften bei.

3. Wichtige Besonderheiten und Begrenzungen im Umlageverfahren

Obwohl die Umlageverfahren U1 und U2 wertvolle Unterstützung bieten, gibt es einige Regelungen und Begrenzungen, die Arbeitgeber unbedingt beachten sollten.

a) Begrenzung der Erstattung auf die Beitragsbemessungsgrenze

Viele Krankenkassen begrenzen die Erstattung der Lohnfortzahlung auf die sogenannte Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung. Im Jahr 2021 lag diese Grenze beispielsweise bei 7.100 Euro pro Monat. Das bedeutet, dass Löhne, die über dieser Grenze liegen, nicht vollständig erstattet werden. Arbeitgeber müssen die Differenz selbst tragen. Dies kann insbesondere bei hochqualifizierten und hochbezahlten Mitarbeitern zu höheren finanziellen Belastungen führen, wenn diese krankheitsbedingt ausfallen.

b) Kein Erstattungsanspruch außerhalb des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG)

Nicht jede Lohnfortzahlung ist im Rahmen der Umlageverfahren erstattungsfähig. So besteht beispielsweise kein Erstattungsanspruch, wenn der Arbeitnehmer in den ersten vier Wochen eines neuen Beschäftigungsverhältnisses erkrankt. Auch tarifvertragliche Regelungen, die eine Lohnfortzahlung über den gesetzlich festgelegten Zeitraum von sechs Wochen hinaus vorsehen, sind nicht im Rahmen der Umlage erstattungsfähig.

c) Keine Erstattung bei Quarantäne ohne Arbeitsunfähigkeit

Die Umlage U1 greift nur, wenn eine tatsächliche Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Bei einer Quarantäne ohne Krankheit, wie es beispielsweise bei Covid-19 der Fall sein kann, haben Arbeitgeber keinen Anspruch auf Erstattung der Lohnkosten über die Umlage U1.

4. Wie Unternehmen die Umlagen effizient nutzen und Kosten optimieren können

Um die Umlagen optimal zu nutzen und Kosten zu reduzieren, sollten Unternehmen einige strategische Überlegungen anstellen. Hier sind einige praktische Tipps:

a) Wahl des optimalen Erstattungssatzes

Unternehmen haben oft die Wahl zwischen verschiedenen Erstattungssätzen. Ein höherer Beitragssatz führt zu einer höheren Rückerstattung im Krankheitsfall, was besonders für Unternehmen mit vielen Krankheitsausfällen sinnvoll sein kann. Unternehmen sollten ihre Krankheitsstatistiken analysieren und darauf basierend den passenden Erstattungssatz wählen pro Krankenkasse.

b) Regelmäßige Überprüfung der Mitarbeiterstruktur

Unternehmen sollten ihre Mitarbeiterstruktur regelmäßig analysieren, um sicherzustellen, dass sie die Umlagen korrekt berechnen. Gerade wenn die Mitarbeiterzahl sich ändert, sollten Unternehmen darauf achten, ob sie weiterhin zur Umlage U1 verpflichtet sind oder ob sie aus diesem System herausfallen.

c) Effiziente Verwaltung und Dokumentation von Abwesenheiten

Eine lückenlose und korrekte Dokumentation der Krankmeldungen und Mutterschutzzeiten ist entscheidend, um eine reibungslose Rückerstattung der Krankenkassen zu gewährleisten. Unternehmen sollten daher sicherstellen, dass alle relevanten Daten rechtzeitig und korrekt erfasst und an die Krankenkassen weitergeleitet werden.

d) Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)

Langfristig können Unternehmen durch ein betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) die Krankheitsrate in ihrem Betrieb senken. Maßnahmen wie Gesundheitschecks, Fitnessprogramme oder ergonomische Arbeitsplätze können dazu beitragen, dass Mitarbeiter seltener krankheitsbedingt ausfallen, was die Kosten im Rahmen der Umlagen weiter reduziert.

Die Umlageverfahren U1 und U2 sind unverzichtbare Instrumente des deutschen Sozialversicherungssystems und bieten Unternehmen – insbesondere kleineren Betrieben – eine wichtige finanzielle Entlastung im Krankheits- und Mutterschutzfall. Durch die Wahl des passenden Erstattungssatzes, eine sorgfältige Verwaltung der Krankheits- und Abwesenheitszeiten sowie den Einsatz digitaler Lösungen wie der eAU können Unternehmen ihre Verwaltungskosten minimieren und gleichzeitig ihre Liquidität sichern.

Eine strategische Herangehensweise an das Thema Umlagen ermöglicht es Unternehmen, ihre Lohnkosten besser zu kalkulieren und im Krankheits- oder Mutterschutzfall finanziell abgesichert zu sein. So tragen die Umlageverfahren dazu bei, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer von einem verlässlichen und fairen Absicherungssystem profitieren können.